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Padre José Maria zurück in Buenos Aires

La Cárcova - härtester Slum der Hauptstadt

Padre Pepe di Paola ist wieder in Buenos Aires: Im Sommer kehrte er nach drei Jahren aus dem Norden Argentiniens an den Rand der so genannten Capital Federal zurück – im Wortsinn „an den Rand“. Denn dort leben Hunderttausende unter der Armutsgrenze - in den villas miserias, wie die Elendsviertel hier genannt werden - 30.000 davon allein in La Cárcova, 13 de Julio und Independencia. Hierher hat die Kirchenleitung Padre Pepe versetzt. Hier lebt er seit einem halben Jahr mit den Ärmsten der Armen als Seelsorger und Überlebenshelfer. Die Cárcova gilt als einer der gefährlichsten Orte Argentiniens. Drogen, Gewalt und Mord beherrschen den Alltag, in diesem Klima wachsen die Kinder auf - schon die Kleinsten schnüffeln Kleber.

Die Polizei hat einen Heiden-Respekt vor den villa-eigenen Milizen, verspürt wenig Lust, einzugreifen. Wenn es dunkel wird, geht niemand auf die Straße, der nicht muss, erfuhr der Padre gleich zu Beginn. Die Luft ist dann zu „bleihaltig“ - immer wieder gibt es Schießereien. “Keine Fotos auf der Straße”, sagt er denn auch erstes zu Besuchern. Padre Pepe mit Kardinal Bergoglio 2009

Die Villa 21-24 in der „Capital“ hat Padre Pepe in seinen 13 Jahren dort (1997 bis 2010) so verändert, dass das Leben für die Bewohner erträglich wurde - bis die Drogenmafia ihm vor drei Jahren nach dem Leben trachtete und ihn der jetzige Papst Franciscus, damals noch Kardinal von Buenos Aires, nach Campo Gallo in den Norden Argentiniens versetzen musste, um ihn vor der Bedrohung zu schützen.

Als Padre Pepe im Juni in seiner “neuen Heimat“ La Cárcova ankam, gab es nicht einmal ein Bett für ihn. Er schlief in einer kleinen Kirche („capilla“), richtete sich in einer Ecke spärlichst ein. Doch lange musste er das nicht ertragen.

Gemeinsame Arbeit an der Capilla Nuestra Señora de Luján

Denn bald kam ein kleiner Bautrupp aus „seiner“ alten Villa 21-24. Seine Freunde kratzten zusammen, was sie hatten: Ein paar Balken, ein paar Bretter – sogar ein paar Ziegelsteine und Zement. Und bald war „la casa del cura“ in der Avenida 1 de Mayo in La Cárcova fertig.

la casa del Padre Pepe

Die casa del cura -  1 de mayo

 Padre Pepe lebt dort so wie die anderen Bewohner auch. Nur, dass seine Hütte an einer Stelle steht, wo nicht mehrmals im Jahr das vergiftete Rinnsal Rio Reconquista (Foto re.), das von der nahegelegenen größten Müllhalde der Stadt Buenos Aires (eine Nachbar-Villa heißt gar El Basural

Unten: In der Cárcova überschwemmt der hochkontaminierte Rio Recon­­quista, in dem sich nichts Lebendiges mehr regt, die Hütten. Die Menschen waten im
vergifteten Schlamm - bis das Wasser
wieder abfließt – und  das kann dauern.

rio reconquista– der Müllhaufen) „gespeist“ wird, über die Ufer tritt - mit allen gesundheitsschädlichen Folgen für die Bewohner, deren Hütten nicht auf Pfosten stehen. Denn wenn es in Buenos Aires richtig regnet, während der alljährlichen „Tormenta de Santa Rosa“ etwa, laufen in der Hauptstadt die Unterführungen und elektrischen Verteilerkästen zu und Stromausfälle führen zum Chaos.

Mitten in Carcova errichteten Bewohner unter Pepes Anleitung ein Gemeindezentrum mit der “Jungfrau von Lujan”-Kapelle als Herzstück (unten). Nebenan beim Fußballklub “Die glücklichen Küken” organisiert er die Speisungen für die zum Kicken gekommenen Kinder.

Ein Tag mit Padre Pepe in der Villa La Cárcova

Ich sitze an einem Sonntagmorgen in einem der klapprigen Vorortzüge auf der Fahrt in die Villa La Cárcova, das Armenviertel Padre Pepe di Paolas. Wir passieren schicke Villenvororte und heruntergekommene Arbeiterviertel, dann sind wir da. Am Bahnhof hat sich eine Menschentraube gebildet - in ihrer Mitte Padre Pepe. Als er uns sieht, winkt er uns freundlich zu. Jeder scheint ihn zu kennen, und auch er kennt jeden. Wir fahren in seinem alten Fiat zur kleinen Capilla de la Virgen de Itatí, die vor kurzem auf seine Initiative hin gebaut worden ist,. zwei Straßenblocks außerhalb der Villa - ein kleines weißes Gebäude zwischen den Hütten.

Als Padre Pepe eintrifft, strömen die Menschen auf ihn zu. Er begrüßt jeden Einzelnen. Als der Gottesdienst beginnt, ist die kleine Kapelle prall gefüllt. Der Gottesdienst läuft bunt und lebhaft ab, es wird viel gesungen, gebetet, einige Taufen und Hochzeitstage werden gefeiert.

Eine der neuen Kapellen

Pepe spricht die Menschen direkt an, langsam und überlegt, und es scheint, als treffe er die richtigen Worte. Während er über die Sorgen und Nöte der Bewohner spricht, hängen sie förmlich an seinen Lippen - immer wieder sind Rufe der Zustimmung und Unterstützung zu hören. Am Ende lädt er alle Kinder und Jugendlichen zum Mittagessen ein.

Außerdem wird gemeinsam mit den Jugendlichen benachbarter Kapellen eine Jugendorganisation gegründet. Padre Pepe erklärt die Idee der Jugendgruppe, er erzählt von den Exkursionen und Aktionen, die er mit jungen Men­schen damals in der Villa 21/24 organisiert hat. Alle sind sehr motiviert. Die vorgestellten Probleme reichen von Gewalt in der Villa, über den Umgang mit Drogen- und Alkoholsucht, bis hin zur Beseitigung der Müllberge und dem Fehlen eines Jugend-Treffs. Alle wollen helfen und tun das auch, wenn es gebraucht wird(Foto unten). Es soll nicht nur ein wöchentliches Treffen aller Jugendlichen geben, sondern auch Computer- und Tanzkurse, ein Zeltlager, sowie kostenlose Nachhilfe.

Nachdem die Jugendlichen der anderen Kapellen sich wieder auf den Heimweg gemacht haben, wird das Tor zur Kirche geschlossen - alle gehen in die Gebäude, sehr angespannt. Plötzlich fallen Schüsse. Ich bin geschockt. Zwar bin ich gewarnt worden, es könne gefährlich sein, aber nach einem so positiven Tag wirkt es erschreckend, wie schnell die Stimmung umschlagen kann. Doch kurz nachdem der letzte Schuss verhallt ist, kehrt wieder „Normalität“ ein. Auf die Frage, ob das öfter vorkomme, antwortet mir eine der Jugendlichen, es gebe täglich Schießereien, meist aber erst nach Einbruch der Dunkelheit.  (Julius Kerkhoff schickte uns diesen Bericht.)